Wichtig zu wissen:

Burnout oder Depression – worin liegt der Unterschied?

Burnout und Depression – auch wenn diese Begriffe oft synonym verwendet werden, gibt es wichtige Unterschiede zwischen diesen beiden Erkrankungen. Unterschiede, die selbst vielen Ärzten unbekannt sind – weshalb es leicht zu Fehldiagnosen kommen kann. Doch wie kommt das? Worin liegen die Unterschiede, die Sie kennen sollten? Und warum ist das überhaupt wichtig? Diese Fragen beantwortet Ihnen dieser Beitrag.

Maria ist 39 Jahre alt und hat heute einen Termin bei ihrem Hausarzt. Seit 4 Wochen fühlt sie sich nur noch müde und erschöpft. Schlafen kann sie schon seit Monaten nicht mehr richtig. Oft liegt sie nachts wach und grübelt über die verschiedensten Dinge. Inzwischen ist ihr alles nur noch zu viel: die Arbeit, die Familie, selbst Treffen mit Freunden oder ihr Sport, der ihr früher mal so wichtig war. Ihre Stimmung ist im Keller. Sie hat das Gefühl, nichts mehr auf die Reihe zu bekommen und fühlt sich als Versagerin. Dabei hat sie doch früher immer alles mühelos „gewuppt“: Haushalt, die beiden Kinder, und ihren Vollzeit-Job – das war nie ein Problem.

Wenn Sie das so lesen, was ist Ihr erster Impuls: Würden Sie bei Maria eine Depression vermuten? Oder eher einen Burnout? Sie wissen es nicht genau – beides erscheint Ihnen möglich? Genauso geht es auch vielen Ärzten, die in ihrer Praxis mit so einer Beschreibung konfrontiert werden. Denn:

Burnout und Depression verursachen dieselben Symptome

Die Symptome, die beim Burnout auftreten, gleichen denen der Depression nahezu eins zu eins. Dazu zählen unter anderem:

  • Verminderter Antrieb (man kann sich zu nichts mehr „aufraffen“)
  • Niedergeschlagenheit
  • Traurigkeit
  • Schlafstörungen
  • Gedankenkreisen
  • Denkblockaden
  • Konzentrationsstörungen
  • Vergesslichkeit
  • Zerstreutheit
  • Erschöpfung
  • Überforderungsgefühle
  • Versagensängste
  • Verlassenheitsgefühle
  • Unruhe
  • Ängstlichkeit bis hin zu Panik
  • Verminderter oder gesteigerter Appetit mit entsprechender Gewichtsveränderung
  • Freudlosigkeit (alles, was früher einmal Freude gemacht hat, interessiert einen nun nicht mehr)
  • sozialer Rückzug
  • suizidale Gedanken

Wichtig! Es müssen bei Burnout und Depression nicht zwingend alle Symptome gleichzeitig vorliegen. Und es gibt neben Depression und Burnout auch weitere psychische wie körperliche Erkrankungen, die die genannten Symptome verursachen können. Dies gilt es daher immer zunächst medizinisch abzuklären.

 

Die Ähnlichkeit der Symptome führt dazu, dass Burnout und Depression auch von Ärzten oft nicht deutlich unterschieden werden können.

Warum das so ist? Das wird klar, wenn man sich anschaut, wie Burnout und Depression entstehen. Denn in der Entstehung liegt der große Unterschied zwischen diesen beiden Erkrankungen, nicht etwa in der Symptomatik.

Depression: Neurotransmitter-Ungleichgewicht als Ursache

Die „klassische“ Depression, bei der keine organische Ursache vorliegt, ist – schulmedizinisch betrachtet – eine Erkrankung, die durch ein Neurotransmitter-Ungleichgewicht ausgelöst wird.

Neurotransmitter übertragen Informationen zwischen Nervenzellen.
Neurotransmitter übertragen Informationen zwischen Nervenzellen.

Vereinfacht ausgedrückt sind Neurotransmitter die Express-Kuriere unseres Gehirns. Rasend schnell transportieren sie Signale von einer Nervenzelle zur nächsten und ermöglichen es den Nervenzellen so, untereinander zu kommunizieren. Verläuft diese Kommunikation reibungslos, weil jeder Neurotransmitter ausreichend und im richtigen Verhältnis vorhanden ist, geht es uns gut. Kommt es hingegen zu einem Ungleichgewicht, hat das psychische wie körperliche Auswirkungen.

Zu den bekanntesten Neurotransmittern zählen etwa Serotonin, Noradrenalin und Dopamin. Mit Antidepressiva sollen diese Neurotransmitter wieder ins Gleichgewicht gebracht werden. Je nach individueller Symptomatik kommen hier unterschiedliche Präparate zum Einsatz, die idealerweise erst verordnet werden, nachdem geprüft wurde, wie es denn um die einzelnen Neurotransmitter genau steht – und welches Präparat für den Betroffenen somit das richtige ist.

Unterm Strich ist eine Depression also die Folge eines biochemischen Vorgangs. Man ist nicht „einfach so“ schlecht drauf. Es gibt eine körperliche Ursache, die die psychischen und physischen Symptome auslöst. Mögliche Auslöser für dieses Ungleichgewicht gibt es viele (z. B. Schilddrüsenerkrankungen, Diabetes, Multiple Sklerose). Aus diesem Grund ist ein Gespräch mit einem Arzt bei Verdacht auf Depression auch immer unerlässlich – einfach, um die nötigen Ausschluss-Untersuchungen zu veranlassen.

Burnout: Neurotransmitter-Veränderung als Folgeerscheinung

Beim Burnout liegt die Ursache NICHT in einem Neurotransmitter-Ungleichgewicht. Das ist ganz elementar!

Vielleicht fragen Sie sich gerade: „Moment mal, wieso kommen dann auch beim Burnout oft Antidepressiva zum Einsatz, wenn doch kein Neurotransmitter-Ungleichgewicht vorliegt?“

Die Antwort ist einfach: Weil auch beim Burnout eine Veränderung der Neurotransmitter stattfindet. Es handelt sich hierbei aber um eine Folgeerscheinung. Und dies ist der Unterschied zur Depression, bei der das Ungleichgewicht erst die depressive Symptomatik hervorruft.

Aus diesem Grund kommen sowohl beim Burnout als auch bei der Depression Antidepressiva zum Einsatz. Diese wirken beim Burnout allerdings oft nicht so gut wie bei einer Depression, können aber zumindest die „Spitzen“ der Symptome ein bisschen abfangen – auch wenn dann immer noch viel Symptomatik übrig bleibt.

Stress allein ist nicht verantwortlich für einen Burnout.
Stress allein ist nicht verantwortlich für einen Burnout. Es müssen mehrere ungünstige Faktoren zusammenkommen.

Zudem gibt es gelegentlich auch Menschen, die aus einem Burnout heraus eine Depression entwickeln. Es ist deshalb immer wichtig, genau hinzuschauen und gegebenenfalls beide Erkrankungen zu behandeln.

Burnout-Ursache: Wenn Stress, dysfunktionale Glaubenssätze und mangelnde Resilienz aufeinandertreffen

Beim Burnout liegt die Ursache in lang anhaltendem Stress bei gleichzeitigem Mangel an Resilienz, mit der dieser Stress bewältigt werden könnte. Resilienz ist so etwas wie die psychische Widerstandskraft, die uns dabei hilft, mit Stress umzugehen.

Der Dauerstress, dem der Betroffene zugleich nichts entgegenzusetzen hat, führt dazu, dass der Sympathikus dauerhaft aktiviert ist. Der Sympathikus ist Teil des vegetativen Nervensystems. Dieses System steuert viele lebenswichtige Körperfunktionen wie Atmung, Verdauung oder den Stoffwechsel. Der Sympathikus ist dabei dafür zuständig, Ihren Körper in Stress-Situationen auf „Kampf oder Flucht“ vorzubereiten.

Wenn also ein Säbelzahntiger plötzlich vor Ihnen steht, dann sorgt Ihr Sympathikus dafür, dass Herzschlag und Atmung beschleunigt werden, die Muskelspannung sich erhöht, Ihrem Körper mehr Energie zur Verfügung steht usw. Eben alles, was Ihr Körper braucht, um von jetzt auf gleich leistungsfähiger zu sein und schneller reagieren zu können.

In der Folge ist nun auch die Nebenniere dauerhaft im Einsatz. Sie produziert fleißig Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol und gibt diese Stoffe an Ihren Körper ab. Das wird jedoch immer schwieriger für sie, je länger der Zustand andauert. Es entwickeln sich handfeste Symptome auf psychischer und körperlicher Ebene.

Im Extremfall stellt die Nebenniere den Dienst irgendwann komplett ein und es entsteht ein lebensbedrohlicher Zustand. Schwere Kreislaufstörungen, bis hin zum Koma, Schlaganfälle und Herzinfarkte können die Folge sein.

Tipp: Wie es um die Nebenniere steht, lässt sich durch eine Analyse des Cortisolspiegels im Labor überprüfen (so genanntes Cortisol-Tagesprofil).

Nun ist es aber nicht so, dass jeder Mensch, der viel Stress hat, einen Burnout entwickelt. Es sind also nicht alleine die „äußeren Umstände“, die einen Burnout hervorbringen, sondern vor allem auch der „innere Nährboden“, auf den das Ganze fällt.

Ein ganz wesentlicher Punkt ist dabei der hohe Leistungsanspruch, den viele Burnout-Betroffene an sich selbst haben. Erst dieser hohe Leistungsanspruch sorgt dafür, dass man wieder und wieder über die eigenen Grenzen hinausgeht. Ursächlich dafür sind dysfunktionale Glaubenssätze und Denkmuster, die zu diesem Verhalten führen.

Diese Glaubenssätze und Denkmuster gilt es in Therapie und Coaching zu identifizieren und durch neue, gesündere zu ersetzen. Beispiel: Statt immer wieder getrieben zu sein durch den Glaubenssatz „wenn ich mich nicht immer kümmere, geht alles den Bach runter“ kann ein „es geht immer irgendwie weiter, auch ohne mein ständiges Zutun“ etabliert werden.

Das ist ein stark vereinfachtes Beispiel, denn die Arbeit mit solchen Glaubenssätzen und Denkmustern ist hoch individuell und der Betroffene muss das Neue auch wirklich in sich fühlen können. Doch es wird deutlich: Ein Mensch mit der Haltung „es geht immer irgendwie weiter“ gerät nur schwer in einen Burnout, weil er sich auch einfach mal zurücknehmen kann, wenn er merkt, dass seine Grenze gerade erreicht ist.

Burnout oder Depression? Die „Auszeit“ liefert oft einen wertvollen Hinweis

Ganz gleich, ob Depression oder Burnout: In der Regel erfolgt als erstes eine mehrwöchige Krankschreibung des Betroffenen. Und was dann, während dieser Auszeit passiert, kann einen ganz wertvollen Hinweis liefern, ob es sich um einen Burnout oder um eine Depression handelt.

Bei depressive Menschen verändert sich nämlich gar nichts. Sie sitzen genauso depressiv zuhause wie zuvor und ziehen sich zurück.

Bei Burnout-Patienten lässt sich hingegen oft beobachten – vor allem, wenn die Nebenniere noch nicht ganz schwer geschädigt ist –, dass sich nach einigen Wochen die Symptome scheinbar von alleine bessern. Die Betroffenen kommen zur Ruhe und entwickeln aus sich selbst heraus plötzlich wieder Interesse an schönen Dingen wie einem Spieleabend mit Freunden oder Hobbies, die sie früher gern gepflegt haben. Einfach durch das Rauskommen aus dem Stress-Hamsterrad.

Das bedeutet leider nicht, dass man mit ein paar Wochen Auszeit, plötzlich den Burnout hinter sich lässt. Denn die Mechanismen, die zum Burnout geführt haben, sind weiter vorhanden. Sie werden nur für eine gewisse Zeit „deaktiviert“. Das ändert sich aber, sobald man wieder ins Hamsterrad einsteigt. Oft genügt allein schon die Aussicht darauf, dass sich das Hamsterrad bald wieder zu drehen beginnt, um die alten Mechanismen zu reaktivieren. Und natürlich genügen bei einem handfesten Burnout auch nicht wenige Wochen Erholung, um den Körper in eine tiefgehende Regeneration zu bringen.

Warum es so wichtig ist, den Unterschied zwischen Burnout und Depression zu kennen – und eine Sache, die bei beiden Erkrankungen hilft

Es liegt auf der Hand: Unterschiedliche Ursachen erfordern unterschiedliche Behandlung – eben ausgerichtet auf den jeweiligen Auslöser. Andernfalls kommt es schnell zu Rückfällen. Rückfall-Quoten beim Burnout von 50 bis 70 % sprechen hier leider eine sehr deutliche Sprache.

Diese hohe Rückfall-Quote ist jedoch nicht allein darauf zurückzuführen, dass die Behandlung in der Akut-Phase des Burnouts nicht optimal ist. Denn es gibt durchaus Maßnahmen, die sowohl beim Burnout als auch bei der Depression helfen. Dazu zählt unter anderem die Erhöhung der eigenen Resilienz – also der psychischen Widerstandskraft. Sie hilft dabei Eigenschaften und Verhaltensweisen zu entwickelt, die zur Genesung erheblich beitragen.

Doch gerade beim Burnout wird dem Thema Rückfall-Prophylaxe immer noch zu wenig Beachtung geschenkt. Diese ist jedoch wichtig, denn mit einem einmaligen Klinikaufenthalt – selbst wenn dieser mehrere Monate gedauert hat – ist es leider nicht getan.

Zu tief verankert sind oft die zugrundeliegenden dysfunktionalen Glaubenssätze und Denkmuster und zu vielfältig die Situationen, in denen diese wieder getriggert werden können. Es braucht Zeit, diese alten Muster aufzulösen und durch neue, gesündere zu ersetzen. Ohne regelmäßige Hilfestellung von außen gelingt das häufig nicht nachhaltig.

Unterstützen können Sie dabei spezialisierte Burnout Coaches oder auch psychologische Psychotherapeuten und Heilpraktiker für Psychotherapie mit dem dafür notwendigen Handwerkszeug.

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